A Great Musician!
Anlässlich des 100. Todestags von Charles Villiers Stanford (1852–1924) am 29. März 2024 widmete sich Dommusikassistent Gerhard Raab bei seiner ORGEL.LITURGIE am 14. April 2024 unter dem Motto A Great Musician! an der Rudigierorgel diesem großen irisch-englischen Musiker und Komponisten. Mit der Gemeinde im Linzer Mariendom feierte Domkustos und Bischofsvikar Johann Hintermaier.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts galt der 1852 in Dublin geborene Charles Villiers Stanford als einer der bedeutendsten Musiker im englischsprachigen Raum. Durch sein Wirken als Interpret, Dirigent, Komponist, Lehrer und Autor beeinflusste er die Arbeit vieler Komponist:innen und Musiker:innen. Das Interesse an Stanfords umfangreichem kompositorischem Schaffen, das sich der gesamten Bandbreite musikalischer Gattungen widmet, hat in den letzten zwei Jahrzehnten erfreulicherweise wieder zugenommen.
Charles Villiers Stanford: A Great Musician!
Stanford wurde am 30. September 1852 in Dublin in eine musikalische Familie hineingeboren. Früh wurde sein Talent erkannt und gefördert. In London studierte Stanford ab 1862, zunächst bei Ernst Pauer (1826–1906) und Arthur O’Leary (1834–1919), ab 1870 am Queens‘ College in Cambridge. 1874 bis 1876 folgte ein Studium bei Carl Reinecke (1824–1910) in Leipzig sowie Friedrich Kiel (1821–1885) in Berlin. Selbst lehrte er ab 1883 Komposition am Royal College of Music in London und ab 1887 als Professor für Musik an der University of Cambridge. Diesen Lehrtätigkeiten kam der als strenger Lehrer geltende Stanford bis zu seinem Tod am 29. März 1924 nach. Wie andere bedeutende Musiker Englands wurde er in der Westminster Abbey bestattet – auf seiner Grabplatte ist zu lesen: „A Great Musician“.
Stanfords kompositorisches Schaffen ist sehr umfangreich – dennoch war vieles lange in Vergessenheit geraten. Erfreulicherweise hat seit der Jahrtausendwende das Interesse an Stanfords Musik wieder zugenommen. Wie hatte sein Schüler Ralph Vaughan Williams über Stanford gesagt: „In Stanford's music the sense of style, the sense of beauty, the feeling of a great tradition is never absent. His music is in the best sense of the word Victorian, that is to say it is the musical counterpart of the art of Tennyson, Watts and Matthew Arnold.“
Einzug: Prelude on the Easter Hymn, op. 88/4
Charles Villiers Stanford (1852–1924): Six Preludes, op. 88: 4. Prelude on the Easter Hymn | Rudigierorgel: Dommusikassistent Gerhard Raab
Passend zum dritten Sonntag der Osterzeit musizierte Gerhard Raab an der Rudigierorgel Stanfords Prelude on the Easter Hymn, das 1905 als Nummer 4 der Six Preludes, op. 88, bei Breitkopf & Härtel in der Orgel-Bibliothek erschien. Seine Six Preludes vollendete Stanford im Juni 1903. Konzipiert sind die sechs Stücke in eindeutig klassischen Formen, sie verbindet diee romantische Neuinterpretation bereits etablierter struktureller Verfahren. Für das vierte Präludium nahm Stanford die beliebte Melodie Jesus Christ is risen today aus der Lyra Davidica (1708) als Grundlage und schuf ein Choralvorspiel „[...] in the form of a through-composed quasi-improvisation which in one sense is more obviously reminiscent of similar models in Bach, yeat at the same time it is possible to hear that nostalgic ‚historicism“ of Wagner’s Die Meistersinger (a work Stanford loved) in the glow of ist diatonic transparency“ (Jeremy Dibble).
Gabenbereitung: On a theme of Orlando Gibbons
Zur Gabenbereitung erklang von der Rudigierorgel Stanfords On a theme of Orlando Gibbons (Song 34): The Angels’ Song. Die Komposition wurde 1908 bei Stainer & Bell, Ltd. als Teil (Nr. 1) von Set 2 der Six Short Preludes and Postludes, op. 105 verlegt. Die Sammlung der sechs kurzen Vor- und Nachspiele ist – wie auch Op. 101 – eindeutig für den liturgischen Gebrauch bestimmt. Stanford verarbeitete darin irische Melodien wie Gartan oder St. Colomba gemeinsam mit drei Melodien von Orlando Gibbons (1583–1624).
Kommunion: Andante tranquillo
Das zum Auszug musizierte Andante tranquillo (Nr. 4) stammt aus Set 1 der Six Short Preludes and Postludes, op. 101. Die Serie wurde 1907 bei Stainer & Bell, Ltd. erstmals veröffentlicht und ist wie Op. 105 für den liturgischen Gebrauch bestimmt.
Auszug: Prelude and Fugue in C
Zum Auszug musizierte Dommusikassistent Gerhard Raab Prelude and Fugue in C (Nr. 1) aus Stanfords 1923 bei Novello & Co., Ltd. erstveröffentlichter Sammlung Three Preludes and Fugues, op. 193. Gewidmet ist die von Raab musizierte Komposition H.W. Richards.
Bekanntermaßen quittierte Stanford jede (kompositorische) Schlamperei bei seinen Studierenden mit „All rot, m’boy“ („Alles Krampf, mein Junge“) – dazu gab es bei Dommusikassistent Gerhard Raab aber definitiv keinen Anlass. Für ihn gilt, was Studierende selten, aber doch von Stanford hörten: „I like it, my boy“ Und das belohnte die Feiergemeinde mit Applaus.
Stefanie Petelin
Ming Jun Tan/unsplash.com/Unsplash License (Sujet) | Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin (Fotos der ORGEL.LITURGIE) | Autor:in unbekannt (W. & D. Downey)/wikimedia.commons.org/Public domain (Foto von Charles Villiers Stanford)